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Grimm, H.:

Durch Wände sehen - physikalische und technische Grundlagen

http://www.wissenschaft-technik-ethik.de/durch-waende-sehen.shtml
zuletzt aktualisiert am 05.12.2016

Sehen und Erspüren von Objekten

Klassisches Sehen funktioniert derart, dass eine elektromagnetische Strahlung (in der Regel Licht; elektromagnetische Strahlung verhält sich gleichzeitig wie eine Welle) auf ein Objekt trifft, von diesem ganz oder teilweise reflektiert wird, und ein Teil dieser reflektierten Strahlung mit Hilfe einer Optik auf eine Fläche projiziert wird, die für die betreffende Strahlung in irgendeiner Form sensitiv ist. Im Falle des Auges besteht die Optik aus Linse und Glaskörper, während sehr viele lichtempfindliche Zellen, die auf der Netzhaut verteilt sind, die sensitive Fläche darstellen. Bei einer Kamera werden diese Funktionen durch das Objektiv bzw. den Film (oder bei Digitalkameras den digitalen Bildsensor) ausgeübt. In jedem Fall ist der eigentliche Abbildungsvorgang durch die Optik ein relativ einfacher Vorgang, der ohne besonders aufwändige Informationsverarbeitung funktioniert. Das menschliche Nervensystem bzw. der Kamera-Prozessor muss im Prinzip lediglich die einzelnen Bildpunkte nacheinander aus den betreffenden lichtempfindlichen Sehzellen bzw. Sensorpixeln auslesen.

Befindet sich die Strahlungsquelle, von Auge oder Kamera aus betrachtet, hinter dem ganz oder teilweise für diese Strahung undurchlässigen Objekt, wirft dieses einen Schatten, der auch mit Hilfe der Optik abgebildet werden kann.

Eine weitere Form des "Sehens", man kann es auch als "Erspüren" bezeichnen, beruht darauf, dass Strahlen, Wellen oder Felder in irgendeiner Form durch Objekte beeinflusst werden. Falls hinreichend gut bekannt ist, auf welche Weise diese Beeinflussung (z.B. Reflexion, Brechung, Schwächung, Konzentrierung, Ablenkung, Absorption) stattfindet, kann mit Hilfe einer leistungsfähigen Datenverarbeitung aus geeigneten Messwerten zu zurückgestreuten Strahlen oder Wellen, bzw. einer Änderung der Felddichte berechnen, wo sich Objkte welcher Art befinden.

Einige Tiere beherrschen solche Erspürmethoden. Fledermäuse sind bekanntlich in der Lage, durch Auswertung zurückgestreuter Ultraschalllaute sehr rasch sehr detaillierte Informationen über ihre Umgebung zu gewinnen. Die "Auswertung" geschieht selbstverständlich unbewusst. Zitteraale können elektrische Felder erzeugen und aus ihrer Verformung durch die Umgebung Rückschlüsse über deren Beschaffenheit gewinnen. Heutzutage sind auch eine Anzahl technischer Gerätschaften verfügbar, mit deren Hilfe man Ähnliches vollbringen kann. Solche Gerätschaften sind logischerweise besonders dann hilfreich, wenn die Umgebung hinter undurchsichtigen Wänden erkundet werden soll. Für Polizei-Einsatzkommandos beispielsweise wäre es oft wichtig, zu wissen, wie viele Täter und Geiseln sich in einem Gebäude befinden und wo, und was sie gerade tun.

Für jede Art von Sehen oder Erspüren durch geschlossene Hindernisse (normalerweise Wände) hindurch müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Die Strahlung, die Wellen oder das Feld müssen das Wandmaterial einigermaßen durchdringen können, und sie müssen irgendwie durch die abzubildenden Objekte beeinflusst werden. Im Folgenden sind einige Strahlen- Wellen- und Feldtypen hinsichtlich ihrer Eignung, hinter Wänden befindliche Objekte abzubilden, kurz diskutiert. Die Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.



Infrarotstrahlung

Infrarotstrahlung ("infrarotes Licht") kann mittels spezieller Kameras zum Sehen eingesetzt werden. Diese Kameras unterscheiden sich nur dadurch von herkömmlichen Kameras, dass ihre Objektivlinsen aus Materialien bestehen, die für den betreffenden Spektralbereich durchlässig sind, und dass ihre Bildsensoren für den betreffenden Spektralbereich empfindlich sind. Sogenannte Wärmebildkameras (WBKs) z.B. sind in der Lage, die von jedem Objekt bei üblichen Umgebungstemperaturen abgestrahlten thermischen Infrarotstrahlen zur Abbildung von Objekten zu nutzen, wobei sozusagen jedes Objekt je nach Oberflächenmaterial und -temperatur mehr oder weniger stark von selbst im Spektralbereich einer Wärmebildkamera leuchtet. Dies ist z.B. nützlich, zur Auffindung vermisster Personen im Wald oder Gebüsch, da sie in der Regel wärmer sind als die Umgebung, entsprechend intensiver strahlen und auf dem Wärmebild, auch durch nicht zu dickes Blattwerk hindurch, als helle Abbilder zu erkennen sind.

Infrarotstrahlung eignet sich jedoch nur sehr eingeschränkt dazu, durch Wände hindurch etwas zu sehen oder zu erspüren, da sie die üblichen Wandmaterialien nicht durchdringen können. Selbst Glas ist für thermisches Infrarot undurchdringlich. Lediglich eine indirekte Methode, hinter Wände zu "schauen" lässt sich mit einer Wärmebildkamera realisieren. Im Kofferaum eines Pkw versteckte Personen z.B. erwärmen das Fahrzeugblech am Heck, was als heller Fleck auf dem Wärmebild erkennbar ist. Dies funktioniert aber nur dann, wenn die Person bereits hinreichend lange im Kofferraum lag, um das Fahrzeugblech aufzuheizen, und wenn sich keine Gegenstände mit hoher Wärmekapazität (Flaschen mit kaltem Wasser o. dgl.) zwischen Mensch und Kofferraumwand befinden. Und bereits wenn sich eine Zeltplane zwischen Person und WBK befindet, dauert es einige Zeit, bis sich auf der Zeltplane eine etwas wärmere Stelle gebildet hat, die auf dem Wärmebild erkennbar ist. Bei Kühlung der Zeltwand durch Regen oder starken Wind, oder wenn sich die Person in einigem Abstand hinter der Zeltwand befindet oder sich stetig hin- und her bewegt, ist die WBK zum Erkennen dieser Person nutzlos.



Röntgenstrahlung

Röntgenstrahlung ist dafür bekannt, grundsätzlich viele Materialien durchdringen zu können. Sie wird von Objekten eher gestreut als reflektiert. Die Streustrahlung lässt sich mit Hilfe verfügbarer Geräte zur Erkennung von Personen oder Gegenständen in Kofferräumen und Containern nutzen. Im Falle dickwandiger Gebäude oder Behältnisse reicht jedoch die Durchdringungsfähigkeit von Röntgenstrahlung nicht aus, um in hinreichendem Maße durch die Wand hindurch und wieder zurück zu kommen.

Röntgenstrahlung werden in der Medizin routinemäßig angewendet, sowohl als klassische Durchleuchtung als auch als deutlich leistungsfähigere Computertomografie (CRT).



Radarstrahlung

Radarbasierte Geräte können eine Vielzahl von Wandmaterialien relativ leicht durchdringen, auch wenn es sich um vergleichsweise dicke Wände handelt. Solche Geräte sind heute bereits verfügbar, z.B. für polizeiliche, militärische, und vermutlich auch nachrichtendienstliche Zwecke. Elektrisch nichtleitende Wände werden in der Regel leicht durchdrungen, wohingegen reich armierter Stahlbeton, Innenverkleidungen aus Metallfolie oder Metallnetzen (von esoterisch geprägten Menschen gelegentlich zur Abschirmung von sog. "Erdstrahlen" in ihren Häusern installiert) oder in Reihen aufgestellte Stahlschränke für Radarstrahlen eine nahezu undurchdringliche Barriere darstellen.



Elektrische Felder

Für sie gelten im Großen und Ganzen die gleichen Aussagen wie für Radarstrahlung



Magnetische Felder

Sie sind nur schwer abzuschirmen und können demzufolge fast jede konventionelle Wand durchdringen. Der Verlauf ihrer Feldlinien wird vor Allem durch ferromagnetische Stoffe stark beeinflusst, während sonstige Materialien ein Magnetfeld nur in geringem Maße beeinflussen. Wenngleich dem Autoren keine Informationen über den aktuellen Stand der betreffenden Technik vorliegen, ist anzunehmen, dass das "Hindurchschauen" durch Wände mit Hilfe magnetischer Felder eine sehr leistungsfähige Datenverarbeitung erfordert.



Ultraschall

Dieser durchdringt leicht viele Materialien, insbesondere harte wie Beton und Ziegelmauern, und interagiert hinreichend mit den meisten Materialien. Problematisch können evtl. Verbundwände aus Materialien mit unterschiedlicher Schallgeschwindigkeit sein, in denen die Schallwellen in unvorhergesehener Weise gebrochen und gestreut werden.

Mit Hilfe von Ultraschallgeräten wird heutzutage im Medizinbetrieb routinemäßig in das Innere von Patienten hineingeschaut.



Neutronen

Neutronen durchdringen übliche Gebäudewände aus Beton, Mauerwerk und Metallen nahezu ungehindert, werden jedoch von organischem Gewebe (Lebewesen, Wasser, Kunststoffe) stark absorbiert. Damit wären sie theoretisch in idealer Weise dazu geeignet, um durch Wände hindurch Personen zu erkennen. Allerdings werden sie nicht oder kaum reflektiert, so dass zur "Durchleuchtung" eines Gebäudes mit Hilfe von Neutronen eine großflächige Neutronenquelle hinter dem Gebäude und ein großflächiger Detektor vor dem Gebäude benötigt würden, was sehr aufwändig zu realisieren wäre. Hinzu kommt, dass eine Bestrahlung mit Neutronen, vorsichtig ausgedrückt, durchaus zu gesundheitlichen Beeinträchtigung bei den Betroffenen führen kann.

Mit Hilfe von Neutronen kann und wird jedoch, z.B. in bestimmten Forschungsprojekten, in laufende Apparate "hineingeschaut" werden, namentlich in Brennstoffzellen.

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